Die Stieglbrauerei feiert in diesem Jahr ihr 530-jähriges Jubiläum. Geprägt ist die Unternehmensgeschichte von Visionären, die ihrer Zeit immer schon voraus waren. Denken in Generation heißt für Stiegl vor allem Denken in Kreisläufen. Daher werden Ressourcen zum Bierbrauen so lange wie möglich im Kreislauf gehalten. Energieeffizienz, Kaskadennutzung, sinnvolle Verwertung von Brauerei-Reststoffen und Bodengesundheit sind in der Salzburger Privatbrauerei nicht nur Schlagwörter, sondern gelebte Nachhaltigkeit, die in Form von innovativen Projekten täglich umgesetzt werden.
Klimawandel, Biodiversitätsverlust und Rohstoffknappheit sind endgültig im alltäglichen Leben und Wirtschaften angekommen und erfordern eine Transformation des globalen Wirtschaftssystems. In der Stieglbrauerei zu Salzburg begegnet man dieser Thematik seit jeher mit einer umfassenden Nachhaltigkeitsstrategie, welche die Kreislaufwirtschaft in den Mittelpunkt stellt. Zu den zahlreichen Maßnahmen bei Stiegl zählen neben Eigenstrom-erzeugung auch Investitionen in die Energieeffizienz. Neben einer Photovoltaik-Anlage am Dach der Brauerei und dem eigenen Wasserkraftwerk „Pulvermühle“ am Salzburger Almkanal, kommen in der Brauerei innovative Technologien zum Einsatz, zum Beispiel im Bereich der Kältetechnik. So wird bei der Bierkühlung im Gegenstromprinzip die Kälte aus der CO₂-Produktion zur Abkühlung der Kältesohle genutzt, welche wiederum die Gär- und Lagertanks kühlt. Zusammen mit den Einsparungen durch Umrüstung der Hallen- und Kellerbeleuchtungen auf moderne LED-Technik ergeben diese Maßnahmen in Summe eine beachtliche Entlastung der Umwelt in Höhe von einer Million Kilowattstunden – dies entspricht dem jährlichen Stromverbrauch von ca. 400 Haushalten*.
Erfolgsmodell „Kaskadennutzung“
Auf die Bedeutung zirkulärer Wertschöpfungsmodelle als Alternative zum vorherrschenden linearen Wirtschaftsdenken verweist auch Mag. Stefan Blachfellner vom Circular Economy Forum Austria: „Kreislaufwirtschaft ist ein systemischer Lösungsansatz, mit dem globale Herausforderungen unserer Zeit gemeistert werden können. Konkret geht es darum, den Wert von Ressourcen so lange wie möglich zu erhalten.“ Und genau das wird in der Salzburger Brauerei seit Jahren unter dem Stichwort „Kaskadennutzung“ umgesetzt – durch Mehrfachnutzung von Rohstoffen über mehrere Stufen sowie den effektiven und sparenden Verbrauch von Ressourcen, um diese so lange wie möglich im Wirtschaftssystem zu halten.
Kreislaufwirtschaft bei Stiegl bedeutet auch, Reststoffe aus der Bierherstellung sinnvoll wiederzuverwerten. Dabei dienen zum Beispiel Biertreber und Brauerei-Kieselgur als wertvolle Reststoffe für die Landwirtschaft. In der Viehzucht wird der Biertreber als Futtermittel verwendet. Der hohe Eiweißanteil macht diese Rückstände des Braumalzes zu einem wichtigen und hochwertigen Futtermittel und trägt u. a. dazu bei, die Menge an Soja-Importen zu reduzieren.
„Bioökonomie Made in Salzburg“: Kompostierbare Teller
Bei den verschiedenen Maßnahmen setzt man in der Salzburger Privatbrauerei auch immer wieder auf Kooperationspartner aus Bildung und Forschung, wie z.B. die HBLA für Landwirtschaft in Ursprung oder die FH Salzburg Campus Kuchl. Beim jüngsten Projekt entwickelten die HBLA-SchülerInnen und FH-Studierenden umweltfreundliche Einweg-Teller, die aus Biertreber und Weizenkleie produziert werden und zu 100 Prozent kompostier-bar sind bzw. an Schweine verfüttert werden könnten. „Das ist Kaskadennutzung auf höchster Stufe, weil es dadurch vor der Verwendung als Futtermittel eine Zwischennutzung des Wertstoffes Treber gibt“, sagt dazu Christian Pöpperl, Chefbraumeister und Leiter des Ressourcen-Effizienzteams. Dadurch ließen sich in Zukunft große Mengen an Plastik-Müll durch Einweg-Geschirr vermeiden. Das Projekt wurde von der Innovation Salzburg GmbH kürzlich mit dem Salzburger Innovationspreis in der Kategorie „Bioökonomie Made in Salzburg“ ausgezeichnet.
Brauerei-Kieselgur: Verbesserte Bodengesundheit durch Bierfiltrat
Auch beim Thema „Brauerei-Kieselgur“ setzt man seit Jahren auf die Zusammenarbeit mit der HBLA Ursprung. Kieselgur – ein Naturstoff aus den Schalen fossiler Kieselalgen – wird in der Brauerei zum Filtrieren des Biers verwendet. 450 Tonnen davon fallen jährlich in der Stieglbrauerei an. Durch seinen hohen Siliziumgehalt kann der Brauerei-Reststoff ebenfalls in der Landwirtschaft sinnvoll wiederverwertet werden, denn Silizium kann fest gebundenen Phosphor im Boden mobilisieren und so die Boden- und Pflanzengesundheit fördern. Etwa ein Jahr lang haben HBLA-SchülerInnen im Laborversuch die Auswirkungen der Brauerei-Kieselgur auf die Pflanzenernährung dokumentiert, die Auswertung der Ergebnisse fand mit Unterstützung der Universität für Bodenkultur (Wien) statt. Die Forschungsergebnisse zeigen, durch Beimengung zur Gülle vor dem Düngen verbessert das Bierfiltrat langfristig die Bodengesundheit. „Gerade im Hinblick auf den stattfindenden Klimawandel könnte Silizium-Düngung eine wichtige Rolle spielen, um die Widerstandsfähigkeit von Nutzpflanzen zu steigern und Ertragseinbußen abzufedern“, erklärt Dr. Konrad Steiner, Biologe und Lehrender an der HBLA Ursprung. Am Stiegl-Gut Wildshut werden diese Erkenntnisse nun schrittweise beim Anbau von Braugerste umgesetzt. „Hier haben wir die Voraussetzung für eine optimale Nutzung der Brauerei-Kieselgur geschaffen. Diese wird mit der Gülle vermengt und homogenisiert – mit der Ausbringung auf unsere Urgetreide-Felder wird der Kreislauf perfekt geschlossen“, erläutert Christian Pöpperl.
Bodengesundheit & Biodiversität
Gerade für eine Brauerei nehmen der Boden und seine Beschaffenheit eine ganz besondere Bedeutung ein, denn die Voraussetzung für beste Gerste und besten Hopfen sind gesunde Böden. Dabei stehen Artenvielfalt und Bodengesundheit in engem Zusammenhang, denn die Artenvielfalt schützt den Acker. Am Stiegl-Gut Wildshut erforscht man in Zusammenarbeit mit der Bezirkshauptmannschaft Braunau und der HBLA Ursprung mit einer Reihe von Maßnahmen, mit welchen sich die Artenvielfalt in der Landwirtschaft im Einklang mit der Ökonomie fördern und gleichzeitig nützen lässt. „Artenvielfalt oberhalb des Bodens ist notwendig für Artenvielfalt im Boden. Diese stärkt die Bodengesundheit und Hecken verhindern Bodenerosion“, erklärt dazu Konrad Steiner. Unter dem Motto „Schützen durch Nützen“ werden hier seit 2016 diverse Forschungsprojekte umgesetzt. Dabei wurden verschiedene Ackerwildkräuter zwischen den Reihen der hier angebauten Urgetreidesorten etabliert. „Blühende Ackerwildkräuter dienen als Nahrungsquelle sowie als Nistplätze für unzählige Insekten. Bestäubende Wildbienen und Nützlinge im und auf dem Boden sind für die Landwirtschaft unabdingbar“, erklärt dazu Dr. Johann Reschenhofer, Sachverständiger für Natur- und Landschaftsschutz der BH Braunau und Experte für Ackerwildkräuter.
Austesten neuer Lösungsansätze
In der Bio-Landwirtschaft in Wildshut schafft man mit modernem Expertenwissen die Voraussetzungen, um auch in Zukunft ökologisch und ökonomisch nachhaltig wirtschaften zu können. So wurde mitten im Braugerstenacker eine Obstbaumhecke aus Urpflaumensorten – im Volksmund besser bekannt als Kriecherl – gesetzt, mit dem Ziel, deren Nutzen für eine klimaresiliente Landwirtschaft zu erforschen. Für Konrad Steiner ist klar: „Wir müssen uns auch in der Landwirtschaft dem Klimawandel anpassen. Das Agroforstsystem könnte eine von vielen wichtigen Lösungen dafür sein. Die neu angelegten Hecken im Getreideacker bringen folgende Vorteile: In Trockenphasen bildet sich durch den darüber streifenden Wind vermehrt Tau, den die Braugerste zum Überdauern der Trockenphase nutzen kann. Bei Starkregenereignissen hingegen können gut durchwurzelte Bodenbereiche das viele Wasser besser aufnehmen und speichern – ein perfekter Kreislauf.“
Stiegl Nachhaltigkeitsbericht seit 1990
Seit mehr als drei Jahrzehnten belegt Stiegl den schonenden Umgang mit den Ressourcen in einem jährlichen Nachhaltigkeitsbericht. Auch die aktuelle, soeben erschienene 32. Ausgabe (für das Jahr 2021) wurde in der „Cradle to Cradle“-zertifizierten Druckerei Gugler in Melk (NÖ) gedruckt. Gemeinsam mit den Profis der „denkstatt GmbH“ ermittelte man den aktuellen CO₂-Fußabdruck. Für 2021 lag dieser bei 111 Gramm CO₂ pro Halbe Stiegl-Bier. Die Details zu den Themen nachhaltiges Wirtschaften, Bodengesundheit, Kreislaufwirtschaft, etc. kann man im neuen, nach GRI-Standards erstellten Stiegl-Nachhaltigkeitsbericht 2021 nachlesen.
www.stiegl.at/nachhaltigkeit
*) Berechnung basiert auf dem durchschnittl. Stromverbrauch eines 3-Personen-Haushalts mit 2.500 kWh/Jahr.